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Gesetz zur Erhaltung des Paradieses

Neue allgemeine und touristische Richtlinien auf der Grundlage von nachhaltiger Entwicklung vorgestellt

Nach dem Gesetz, durch das den Kanarischen Inseln der Autonomie-Status zugesprochen wurde und dem Gesetz für geschützte Landschaften sind die neuen generellen und touristischen Richtlinien wohl das wichtigste Gesetz, das während der letzten zwanzig Jahre auf den Inseln ausgearbeitet wurde. Langwierige Verhandlungen, bei denen viele der insgesamt 83 von den verschiedensten Institutionen und Organisationen eingereichten Einwände letztendlich in den endgültigen Entwurf eingeflossen sind, haben die kanarische Regierung unter Román Rodríguez (Coalición Canaria) dazu gezwungen, ihr absolutes Starprojekt erst jetzt, wenige Monate vor Ende der Legislaturperiode, dem Parlament vorzulegen. Ein Dienstleistungssektor und Infrastrukturen, die aus allen Nähten platzen, ein wirtschaftliches Wachstum, das den nationalen Durchschnitt verdoppelt, sowie die Schaffung tausender von Arbeitsplätzen, die jedoch nicht von den kanarischen Einwohnern besetzt werden, und ein Lebens- und touristisches Modell, das in keiner Weise mehr den aktuellen Ansprüchen gerecht wird, sind einige der Gründe, die dazu geführt haben, daß letztendlich auch die politischen Führungskräfte die Notwendigkeit einer grundlegenden Veränderung des derzeitigen Entwicklungsmodells erkannt haben.

Etwa fünfzig Jahre, nachdem der Raubbau an Landschaft und Natur dieses begrenzten und deswegen umso fragileren Territoriums begann, scheint die Devise nun endlich Schutz und umweltfreundliches Handeln zu heißen. Den letzten Schliff und Segen erhielten die vielversprechenden Richtlinien vor ihrer Weitergabe ans Regionalparlament Anfang November auf der Insel Lanzarote. Bei der jetzt anstehenden Überprüfung des Textes im kanarischen Parlament ist mit weiteren verzögernden Verhandlungen zu rechnen, doch kann davon ausgegangen werden, daß der erste Schritt in eine bessere Zukunft getan ist.

Die wichtigsten Problempunkte und Grundpfeiler der neuen Richtlinien

Tourismus: Nicht ein einziger Meter mehr wird ab endgültiger Verabschiedung der Richtlinien für touristische Zwecke zugelassen werden, und Gelände, das bislang noch nicht urbanisiert wurde, wird gegebenenfalls die Klassifizierung für touristische Nutzung wieder aberkannt werden. Weitere Maßnahmen sind die Grundüberholung aller Hotel- und Appartementanlagen, eine Verbesserung des bisherigen Angebots durch die Anhebung der Anlagenkategorie und der vielleicht wichtigste Punkt: Bis ins Jahr 2006 darf das touristische Wachstum jährlich maximal um 1% steigen. Außerdem wird jeder Inselverwaltung das Recht zugesprochen, das Wachstum gänzlich einzufrieren.

Die jährlich rund zwölf Millionen Kanaren-Besucher bringen einen hohen Wasser- und Stromverbrauch (20% über dem nationalen Durchschnitt) und eine entsprechend hohe Müllproduktion (22% über dem nationalen Durchschnitt) mit sich. Genehmigt sind 354.435 touristische Betten (von denen 58,4% bereits vor über 25 Jahren geschaffen wurden). Doch nach der bisher gültigen und jetzt gestoppten Planung waren 850.000 mehr autorisiert worden. 73% des touristischen Angebots konzentrieren sich auf fünf Gemeinden auf Gran Canaria und Teneriffa.

Bevölkerung: Die Bevölkerungsdichte auf den Kanarischen Inseln (262 Einwohner pro Quadratmeter) ist dreimal so hoch wie der nationale Durchschnitt. Wegen der speziellen geographischen Gegebenheiten (mit Abhängen, die teilweise ein Gefälle von über 30% aufweisen) und der Gesetze, die das Gelände oberhalb von 1.200 Metern unter Schutz stellen, sind die 1.716.276 Einwohner auf 30% der Gesamtoberfläche beschränkt. Obwohl über 40% der Besiedlung auf Gebieten unterhalb der 100 Meter-Grenze stattgefunden hat, sind die ländlichen Regionen besonders schwer betroffen. Eine äußerst lasche Handhabung der urbanistischen Gesetzgebung und eine der höchsten Quoten Spaniens, was den Besitz an Zweitwohnungen betrifft, ist hierfür hauptsächlich verantwortlich.

Schaffung von Arbeitsplätzen: Die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen belief sich auf den Kanaren während der letzten zehn Jahre auf 19% und lag damit dreimal so hoch wie der nationale Durchschnitt. Die neuen Arbeitsstellen wurden jedoch hauptsächlich von Festland-Spaniern und Bürgern aus der EU besetzt. Auf Inseln wie Fuerteventura sind 87 von 100 Arbeitsplätzen von Nicht-Insulanern belegt.

Wachstum: Zwischen 1985 und 1998 ist das Bruttoinlandsprodukt der Inseln um 64% gestiegen (der nationale Durchschnitt lag bei 53%). Der Dienstleistungssektor ist im gleichen Zeitraum so weit gewachsen, daß er 78% der Gesamtproduktion ausmacht und damit 13 Punkte über dem nationalen Durchschnitt liegt. Agraranbaugebiete sind hingegen von 46.500 auf 43.700 Hektar geschrumpft, wobei viel ehemals traditionelles Anbaugebiet modernen Treibhäusern zum Opfer gefallen ist. Die Kanaren sind die autonome Region Spaniens, in der pro Hektar Anbaufläche die meisten Düng- und Pflanzenschutzmittel verwendet werden. Traditionelle Branchen wie Fischfang und Fischkonserven-Industrie sind fast völlig ausgestorben, die Fischzucht hingegen erlebt derzeit einen ihrer Glanzpunkte.

Infrastruktur: Pro 1.000 Einwohner gibt es 666 Fahrzeuge, 50% mehr als der nationale Durchschnitt. Nur mit diesem Wissen kann ein Fahrzeugpark von 176 Autos pro Kilometer Straße glaubhaft werden. Das öffentliche Verkehrswesen gilt eindeutig als ungenügend. Naturschutz: 12.000 Tier- und Pflanzenspezies sind offziell registriert, 30% davon sind auf den Inseln endemisch. Die Kapazität sämtlicher Gebiete ist von der lokalen Bevölkerung, den Touristen und den Infrastrukturen überlastet.

Copyright: Wochenspiegel S.L.

Der einzigartige Regenwald auf La Gomera

Mit den neuen Richtlinien soll unter anderem das, was den wirklichen Charme der Kanarischen Inseln ausmacht und jährlich Millionen von Menschen aus aller Welt anlockt, endlich besser geschützt werden: Die ursprünglichen und einmaligen Landschaften. Foto: DA